Isabel Gose – Die Willy-Hellpach-Schülerin und der Traum von Olympia 2020

Isabel Gose zählt zu den größten deutschen Talenten im Schwimmen. Die 17-Jährige war 2019 bei der Junioren-WM mit fünf Gold- und insgesamt sieben Medaillen die erfolgreichste DSV-Teilnehmerin der Titelkämpfe. Das große Ziel der gebürtigen Berlinerin, die seit diesem Schuljahr die Willy-Hellpach-Schule in Heidelberg die Eingangsklasse des Wirtschaftsgymnasiums besucht, ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Bereits für die Spiele von Tokio 2020 stehen die Chancen mehr als nur gut.

 

Alter: 17 Jahre
Verein: Olympiastützpunkt Rhein-Neckar, Heidelberg
Erfolge: 6 erste Plätze bei Jugendeuropameisterschaften, 3. Platz bei der EM, 7. Platz bei der WM

Wie bist du zum Schwimmen gekommen und wann hast du gemerkt, dass dir dieser Sport Spaß macht?

Gose: Ich konnte schon sehr früh schwimmen. Beim Kita-Schwimmen haben alle gesagt: `Die muss mal in den Verein.` Schließlich haben meine Eltern mich im Verein angemeldet und das hat mir super viel Spaß gemacht. So hat es ab der 1. Klasse seinen Lauf genommen. Ich bin dann immer eine Trainingsgruppe höhergestuft worden.


Wann hast du gemerkt, dass du den Sport richtig ambitioniert betreiben möchtest?


Gose: Das habe ich gemerkt, als ich nach der 6. Klasse nach Potsdam gewechselt bin. Klar, kann dann immer mal was passieren, aber bei mir kam nie der Moment, bei dem ich dachte: Das ist doch nichts für mich. Im Gegenteil, ich wollte immer mehr.

Welche Disziplinen schwimmst du?


Gose: Ich schwimme nur Freistil. Im Moment schwimme ich von 50 bis 800 Meter noch alle Distanzen gerne. Aber gerade liegt mir vor allem die Mitteldistanz mit 200 und 400 Metern ganz gut.


Das Größte für einen Sportler ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Ist Tokio 2020 realistisch?


Gose: Die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio ist auf jeden Fall mein Ziel. In Prozent kann man die Chancen sicher nicht ausdrücken. Im Moment sieht es sehr gut aus, aber es kann so viel passieren. Es ist ja noch mehr als ein halbes Jahr bis zu den Spielen. Ich möchte bescheiden sein und gebe einfach alles. Mehr als trainieren und alles dafür geben, dass ich es schaffe, kann ich nicht tun. Ob es letztendlich klappt, das steht aktuell in den Sternen.


Du bist seit diesem Schuljahr Schülerin an der Willy-Hellpach-Schule Heidelberg. Wie war dein bisheriger schulischer Werdegang?


Gose: Ich bin gebürtige Berlinerin, bin dort zunächst vier Jahre lang auf eine normale staatliche Grundschule gegangen und bin dann in der 5. und 6. Klasse durch ein Sportstipendium auf eine Privatschule gewechselt. Nach der 6. Klasse bin ich von Berlin nach Potsdam und dort dann ins Internat gegangen, während meine Eltern in Berlin geblieben sind. In Potsdam bin ich auf die Sportschule gegangen bis fast Ende der 10. Klasse. Dann hat mein Trainer in Potsdam aufgehört und ich habe mich dann entschieden nach Heidelberg zu gehen, weil ich mit dem Trainer dort etwa durch Trainingslager schon gute Erfahrungen gemacht hatte. Da ich in die 10. Klasse gehen musste, bin ich auf das Helmholtz Gymnasium und habe mich dann entschlossen auf die Willy-Hellpach-Schule zu gehen.


Welchen Stellenwert nimmt die Schule für dich ein?


Gose: Schule hat einen sehr hohen Stellenwert für mich. Ohne guten Schulabschluss geht in Deutschland einfach nichts. Ich möchte mein Abi schaffen und dann auch studieren. Ich schaue auch immer, dass ich Schulen besuche, die mit dem Sport zusammenarbeiten, die mit mir kooperieren. Bis jetzt ist das bei jeder Schule sehr gut gelungen.


Wie sieht der Alltag mit Schule, Training und Wettkämpfen aus?


Gose: Ich habe eigentlich jeden Tag denselben Tagesablauf. Ich habe immer Frühtraining, dann gehe ich zur 3. Stunde zur Schule und habe bis 13 oder 14 Uhr Unterricht. Danach geht es für mich zurück zum Internat, habe dort nachgeführten Unterricht und dann wieder Training. Abschließend steht nur noch Abendbrot und Schlafen auf dem Plan. Wenn Wettkämpfe sind, dann werde ich von der Schule freigestellt, das gleiche gilt für Trainingslager. Dadurch verpasse ich natürlich viel Unterrichtsstoff, den ich dann nachholen muss – auch in den Trainingslagern.


Mit Sarah Köhler hat eine aktuell sehr erfolgreiche Schwimmerin ihr Abitur bereits an der Willy-Hellpach-Schule gemacht. Gab es mit ihr im Vorfeld des Schulwechsels Kontakt?


Gose: Wir haben schon einiges miteinander zu tun, haben gemeinsame Trainingslager. Als ich nach Heidelberg gekommen bin, war sie auch noch in meiner Trainingsgruppe bis sie nach Magdeburg gewechselt ist. Auch jetzt haben wir noch Kontakt, wenn auch nicht täglich, da der Altersunterschied zwischen uns dann doch etwas zu groß ist. Über die Schule haben wir uns jetzt nicht speziell unterhalten. Natürlich habe ich wegen des Schulwechsels auch mal Sarah gefragt. Was ich aber insgesamt hörte war: `Bei Sarah lief es auch sehr gut. Trotz der vielen Trainingszeiten hat sie ihr Abi geschafft.` Deswegen sage ich mir: Wenn Sarah das geschafft hat, dann will ich das auch schaffen.
Du lebst jetzt nach dem Umzug nach Heidelberg einige hundert Kilometer entfernt von deiner Familie. Wie belastend ist das?
Es sind sechs Stunden mit dem Zug, komme sehr selten nach Hause. Aber ich habe auch immer so volle Tage, dass ich gar nicht so viel darüber nachdenken kann. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Familie, entsprechend fällt das schon schwer. Aber es ist machbar.

Gibt es überhaupt noch Freizeit?


Gose: Viel Freizeit bleibt mir nicht. Unter der Woche gar nicht. Aber ich versuche an den Wochenenden immer etwas zu unternehmen, möchte meine Freizeit entsprechend nutzen.


Wie ist es in der Klasse: Schauen die Mitschüler zu dir auf oder heißt es eher: warum fehlt die schon wieder?


Gose: Ich glaube, es ist beides so ein bisschen der Fall, ohne es genau zu wissen. Ich versuche mich immer mit allen gleich zu stellen. Ich versuche auch nicht, eine zu große Sonderbehandlung zu bekommen, nehme mich oft zurück und hoffe, dass kein Neid herrscht. Aber klar findet man es auch schön, wenn man weiß, dass Mitschüler zu einem aufschauen.


Gibt es einen Plan B, etwa bei Verletzungen, die ein Fortsetzen der Karriere verhindern?


Gose: Aktuell habe ich keinen Plan B. Ich hoffe, dass es keine Verletzungen geben wird. Für mich würde dann eine Welt zusammenbrechen. Ohne Sport kann ich gar nicht mehr. Es ist zu 100 Prozent das, was ich will. Natürlich will ich mein Abitur machen und auch studieren, aber alles neben dem Sport. Es war schon immer mein Gedanke gewesen, Profisportlerin zu sein.


Die Bezahlung ist natürlich in Sportarten wie Schwimmen im Vergleich etwa zum Fußball katastrophal. Wie willst du dich perspektivisch absichern?


Gose: Man kann wie in jeder Sportart etwa zur Sportfördergruppe der Bundeswehr gehen oder zur Polizei und es gibt auch noch andere Unterstützungsmöglichkeiten. Aber ich bin noch Schülerin, habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Klar wäre es mein Traum, wenn ich nur vom Sport leben könnte. Aber das geht in Deutschland leider nicht. Ich möchte aber auch ein Leben nach dem Sport haben, möchte nicht mein ganzes Leben an den Sport gebunden sein. Deswegen auch der Plan mit dem Studium.


Für das Schwimmen braucht man Kraft und Ausdauer. Welche Rolle spielt der Kopf?


Gose: Mein Trainer sagt: es ist 80 Prozent Kopf und 20 Prozent Schwimmen. Es ist ganz vieles Kopfsache. Ich gehe auch zu einer Sportpsychologin und schäme mich dafür auch nicht. Das heißt ja nicht, dass man krank im Kopf ist. Ich kann es nur jedem empfehlen, nicht nur körperlich, sondern auch mental an sich zu arbeiten.


Was war bis jetzt die beste Leistung, dein bester Lauf?

 

Gose: Ich hatte schon einige Erfolge. Es ist aber sehr momentabhängig. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch. In dem Moment, in dem du etwas gewinnst, ist es der schönste Moment, einfach das Größte für dich. Alles was man erreicht, ist etwas Besonderes und Schönes.

Warum ist es wichtig, dass Menschen schwimmen können?


Gose: Gerade für Kinder ist es wichtig, schwimmen zu lernen. Es gab immer wieder Todesfälle, weil Menschen, vor allem Kinder nicht schwimmen konnten und ertrunken sind. Nicht jeder muss aber Leistungssportler werden oder regelmäßig schwimmen gehen. Wenn man aber Spaß am Schwimmen hat, dann sollte man es einfach machen.

Das Interview führte Christoph Adamietz, Willy-Hellpach-Schule Heidelberg

 

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